Kompaktbehandlung bei Zwangsstörungen

Im Herbst 2022 führte der klinische und wissenschaftliche Arbeitsbereich für Angst- und Zwangsstörungen in enger Kooperation auf der Spezialstation für Angst- und Zwangsstörungen (PA7) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) die Kompaktbehandlung für Menschen mit Zwangsstörung ein. Zentraler Bestandteil dieser Therapie sind Expositionsübungen und orientiert sich am in Norwegen entwickelten Bergen 4-Day Treatment (B4DT), das international viel Beachtung gefunden hat. Durch die enge Kooperation mit den norwegischen Erfinder:innen des Modells konnte unsere erste Studie die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Behandlungsmethode im deutschen Sprachraum bestätigen. Das Intensivtherapieprogramm wird kontinuierlich durchgeführt und unterliegt einer stetigen wissenschaftlichen Evaluierung.

Eine Woche ganztägige Behandlung in Hamburg

Um festzustellen, ob die Kompaktbehandlung für Sie die richtige Behandlung ist, führen Mitarbeitende der Spezialambulanz für Angst und Zwangsstörungen des UKE zunächst mit Ihnen Einzelgespräche durch. Diese dienen zum einen der detaillierten und genauen Diagnostik und zum anderen dazu, Sie umfassend über das Therapieverfahren zu informieren. Das Ziel dieser Erstgespräche ist es, gemeinsam mit Ihnen eine informierte Entscheidung über die Teilnahme an der Therapie zu treffen. Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Termine für die Behandlung erst im Anschluss an diese vorbereitenden Gespräche festgelegt werden können.

Die Behandlung selbst findet im Rahmen eines fünftägigen tagesklinischen Aufenthaltes auf der Spezialstation für Angst- und Zwangsstörungen (PA7) statt. Am Montag erfolgen die administrative Aufnahme sowie unterschiedliche medizinische und psychologische Untersuchungen. Von Dienstag bis Freitag findet die ganztägige Behandlung, mit einer Mischung aus Einzel- und Gruppentherapie statt. Die Gruppen bestehen aktuell aus drei bis vier Patient:innen mit gleicher Anzahl an Behandler:innen.

Am ersten Tag der Behandlung, Dienstag, findet Psychoedukation im Gruppensetting statt. Ziel ist es, alle auf einen gleichen Stand zum Thema Zwangsstörungen zu bringen und auf die Expositionsübungen in den kommenden Tagen vorzubereiten. Am Mittwoch und Donnerstag arbeiten Sie über mehrere Stunden im Einzelsetting gemeinsam mit eine:r Behandler:in an individuell zugeschnittenen Expositionen, kommt jedoch immer wieder auch in der Gruppe zusammen. Am Donnerstagnachmittag laden wir Ihre Angehörige zu einer kurzen Informationsveranstaltung ein. Außerdem gilt es am Mittwoch und Donnerstag selbstständige Übungen am Nachmittag durchzuführen, die wir zuvor gemeinsam mit Ihnen erarbeiten. Am Freitag (letzter Tag der Behandlung) geht es um Strategien zur Aufrechterhaltung der Veränderungen.

Für die wissenschaftliche Begleitforschung, erfolgen Untersuchungen (einschließlich strukturierter Interviews und Fragebögen) direkt vor der Behandlung sowie zehn Tage, drei Monate und ein Jahr nach der Behandlung. Außerdem gibt es ein Nachsorgegespräch etwa drei Monate nach Behandlung.

Expositionsübungen als zentrales Element der Behandlung

Neben Psychoedukation (vermitteln von Informationen) sind Expositionsübungen zentrales Element in der Behandlung. Bei diesen Übungen setzen Sie sich zwangsrelevante Situationen oder Gedanken aus, die häufig stark angstbesetzt sind. Gleichzeitig sollen Impulse zur Durchführung von Zwangsritualen wahrgenommen werden, jedoch die Durchführung von (mentalen) Zwangshandlungen unterlassen werden. Die Expositionsübungen werden dabei systematisch angegangen und eine Technik zum richtigen Umgang mit diesen Situationen und Gedanken vermittelt. Die Übungen werden im Einzelsetting durch Behandler:innen begleitet, jedoch über die Woche zunehmend selbstständiger durchgeführt.

Die Expositionsübungen sollen helfen, einen neuen Umgang mit aufdrängenden Gedanken, Zweifeln und unangenehmen Emotionen zu finden. Meist werden in den Expositionen daher Situationen aufgesucht, die stark vermieden werden. Für eine gute Behandlung ist daher Ihre Bereitschaft zentral, sich diesen Situationen zu stellen und die aufdrängenden Gedanken, Zweifeln und unangenehmen Gefühlen zuzulassen. Ziel der Behandlung ist, Freiheit und Flexibilität darüber zu gewinnen, sich diesen Situationen stellen zu können und selbstbestimmter agieren zu können.

Menschen mit Zwangsstörung können sich anmelden

Wenn Sie an einer Zwangsstörung leiden und einen neuen Umgang mit den damit verbundenen unangenehmen Gefühlen, Zweifel und Gedanken lernen wollen, können Sie sich für die Vorgespräche anmelden, wenn Sie:

  • zwischen 18 und 75 Jahre alt sind
  • unter einer Zwangsstörung leiden
  • über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügen
  • sich während der Kompaktwoche vollständig auf die Behandlung konzentrieren können (d.h. keine anderen Termine oder Verpflichtungen haben, einschließlich anderer Psychotherapiesitzungen)
  • Sie die Behandlung in Hamburg vor Ort wahrnehmen können
  • keine psychische Störung haben, die zunächst eine andere Behandlung erfordert (z.B. häufig der Fall bei einer psychotischen oder bipolaren Störung, einer Substanzkonsumstörung oder akuter Suizidgefahr)
  • keine neurologische Störung haben, die ursächlich für die Zwangssymptome ist
  • Ihre psychopharmakologische Behandlung (sofern Sie eine erhalten) innerhalb der letzten sechs Wochen vor der Behandlung bei uns nicht umgestellt wurde

Bei Interesse melden Sie sich in der Spezialambulanz für Angst- und Zwangsstörungen unter der Email-Adresse b4dt@uke.de an. Wir melden uns dann bei Ihnen mit Terminvorschlägen für ein Vorgespräch.

Bitte beachten Sie auch unsere ausführlichen FAQs, die viele gängige Fragen beantworten. Haben Sie Verständnis, dass wir aufgrund der vielen Anfragen keine individuellen Antworten per Email geben können.

Umfangreiche Förderung zur Forschung und klinischen Implementierung

Die Behandlung selbst ist sehr kostenintensiv und trägt sich nicht über die Einnahmen der Krankenkassen. Daher freuen wir uns über großzügige Förderung der Peter Möhrle Stiftung, des Hamburger Spendenparlaments sowie der Werner Otto Stiftung. Teile dieser Förderungen ermöglichen auch eine fortlaufende wissenschaftliche Evaluierung der Behandlung. Verschiedene Medien berichteten bereits über unser Behandlungsangebot in Hamburg – einen Auszug davon finden Sie in unserem Downloadbereich.