Crowdfunding für die „Zahnbürste für die Seele“

Ausgangsproblem: Psychotherapie ist wirksam, aber die Effektivität nimmt über die Zeit ab

Es gibt viele Spitznamen für Psycholog:innen oder Psychiater:innen. Einer davon ist „Seelenklempner“. Der Begriff stammt noch aus der Zeit Freuds, des ersten Psychiaters, der versuchte, psychische Erkrankungen auf seelische Prozesse zurückzuführen. In seinem Aufsatz „Studien über Hysterie“ stellte er die Vermutung auf, dass bestimmte seelische Störungen durch einen „eingeklemmten Affekt“ (ähnlich wie bei einem Nerv) verursacht würden und durch eine aufdeckende Behandlung behoben werden könnten. Lange Zeit galt außerdem, dass allein die schlüssige psychologische Herleitung, worauf ein mögliches Problem zurückzuführen ist, zu einem Verschwinden der Symptomatik führen würde.

Heute wissen wir, dass seelische Probleme komplex und hartnäckig sind. Psychotherapie ist höchst effektiv und bei einigen Störungen, z.B. bei Zwang und Depression, wirksamer als eine Gabe von Medikamenten. Medikamente wirken nur so lange, wie sie eingenommen werden. Der Vorteil von Psychotherapie ist, dass das hier Gelernte langfristige Effekte haben kann. Dennoch lassen auch die Effekte der Psychotherapie häufig über die Zeit stark nach, wenn Betroffene nicht weiter an sich arbeiten und alte Muster wieder durchbrechen oder neue Strategien und Umgangsweisen mit Problemen vergessen werden. Leider sind viele Menschen nur bereit an sich zu arbeiten, wenn es ihnen schlecht geht. Klingen die Probleme ab, möchten sich viele nicht mehr mit ihren zugrunde liegenden Denkmustern beschäftigen. Ein weiterer Grund für nachlassende Effekte besteht darin, dass es schlicht und ergreifend vergessen wird, die gelernten hilfreichen Übungen im Alltag anzuwenden, da diese dort noch nicht gut genug eingebunden waren. Das alles ist nachvollziehbar, kann aber zu Rückfällen führen.


Lösungsansatz: tägliche Übungen per Smartphone-App für Menschen mit psychischen Problemen

Um nachhaltigere Therapieeffekte zu erreichen, haben wir eine App für Menschen mit Depression entwickelt und erprobt. Die Nutzenden erhalten bis zu mehrmals täglich kurze Übungen, deren Wirksamkeit gut belegt ist, als Push-Benachrichtigungen. Diese soll quasi wie eine „Zahnbüste für die Seele“ wirken, indem man täglich – zumindest kurz – an sich arbeitet (so wie das tägliche Zähneputzen hilft, die Zähne gesund zu halten). Die Übungen bringen Spaß und nehmen nicht viel Zeit in Anspruch. Der Vorteil gegenüber einer konventionellen Behandlung liegt darin, dass man weder seinen „inneren Schweinehund“ überwinden noch ständig darauf achten muss, die Übungen durchzuführen – das übernimmt das Smartphone.

Im Rahmen einer Studie an 90 Personen mit selbstberichteten depressiven Symptomen fanden wir, dass jene, die die App täglich nutzten, nach vier Wochen signifikant weniger depressive Symptome zeigten als Probanden der Wartekontrollgruppe. Die Mehrheit der Studienteilnehmenden bewerteten die App positiv.

Eine Variante dieser App haben wir nun auch für problematische und pathologische Glücksspieler:innen entwickelt, die kostenlos über „Neustart - Change“ im Google Play Store oder im App Store von Apple heruntergeladen werden kann (aktuell nur auf Deutsch). Die App belohnt Anwender:innen, wenn Übungen gelesen werden, mit kleinen Orden, die man über die Woche sammeln kann – so bleiben Sie am Ball.

Für eine detailliertere Darstellung der Ergebnisse können Sie die Studie hier herunterladen:

Luedtke_et_al._2018_PsyRes_Smartphone_App.pdf (2,3 MiB)

Crowdfunding für eine neue, kostenlose App, die eine Individualisierung zulässt

Nachteil der aktuellen App ist, dass sie keine Individualisierung zulässt. Es kann vorkommen, dass Betroffene einzelne Übungen nicht sinnvoll finden oder sie anders formulieren würden bzw. gerne individuelle Variationen erproben würden. Es gibt außerdem viele persönliche Präferenzen und Lösungsansätze. Daher haben wir uns entschlossen, eine neue App auf Basis von „Neustart - Change“ zu konstruieren, bei der Betroffene die Möglichkeit haben, Übungen zu löschen oder umzuformulieren. Gleichzeitig kann man auch eigene Übungen einfügen. Auf diese Weise kann man die App zu seinem persönlichen kleinen Schutzengel machen.

Online-Spende – Spendenbescheinigung und Namensnennung

Die App wird zusammen mit der Firma patientzero entwickelt. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 15.000 €, damit wir die App kostenlos anbieten können. Für die App ist auch eine englische Variante geplant. Wenn Sie das Projekt unterstützen möchten, können Sie eine Spende über unser Online-Portal leisten.

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