Studien zu Religion
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Jetzt spendenUnser Forschungsbereich widmet sich verstärkt dem Thema Religion. In einer unten beschriebenen Studie untersuchten wir, inwieweit Vorbehalte gegenüber dem Islam durch korrigierende Informationen oder unkonventionelle Aufklärung reduziert werden können (Moritz et al., 2017). Diese und eine Folgestudie (Moritz et al., 2018) zeigen, dass es durch bestimmte Formen der Informationsvermittlung möglich ist, sowohl Vorbehalte gegenüber dem Islam bei Nicht-Muslimen abzubauen als auch Vorbehalte gegenüber dem Christentum bei Muslimen. In einer weiteren Studie wurde überprüft, ob ein bestimmtes Gottesbild (liebender versus strafender Gott) ein Hemmnis oder ein unterstützender Faktor für die erfolgreiche Behandlung einer psychischen Störung darstellt (Agorastos et al., 2012). Extreme religiöse Überzeugungen (religiöses Weltbild des Ku-Klux-Klan, Davidianer, Boko Haram etc.) sind ebenso wie extreme politische Ansichten potenziell „wahnfähig“. Daher gehen wir auch der Frage nach, wann und durch welche Faktoren Frömmigkeit in Fanatismus umschlagen kann.
Auch Muslime lieben Jesus? … ! Einstellung der deutschen Bevölkerung gegenüber den drei großen monotheistischen Religionen. Untersuchung der Änderbarkeit islambezogener Vorurteile durch korrigierende Information
Seit den Anschlägen auf das World Trade Center im Jahr 2001 haben Ressentiments gegen den Islam in der westlichen Welt deutlich zugenommen. In einer gerade abgeschlossenen Studie haben wir die Haltung einer großen deutschen Bevölkerungsstichprobe gegenüber den drei großen monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam) untersucht. Zudem sind wir der Frage nachgegangen, ob Vorurteile gegenüber dem Islam durch korrigierende Informationen abgebaut werden können. Für die zweite Teilfragestellung kam ein Ansatz zur Anwendung, der sich von unserem Metakognitiven Training (MKT) für Menschen mit Psychose ableitet und auf einer Einstellungsänderung durch „Säen von Zweifel“ infolge unerwarteter Informationen beruht.
Insgesamt wurden 1.715 Teilnehmende aus der Allgemeinbevölkerung zunächst gebeten, die drei großen monotheistischen Religionen hinsichtlich Fortschrittlichkeit, Toleranz und Friedfertigkeit zu beurteilen. Anschließend wurden den Teilnehmenden elf Wissensfragen zu religiösen Themen gestellt. Die Fragen sollten bewusst falsche und klischeeträchtige Antworten bzw. Vorurteile gegenüber dem Islam provozieren (z.B. ob die weibliche Genitalverstümmelung ein islamischer Brauch sei [falsch] oder welche Religion der Jungfrau Maria ein eigenes Buch/Sure widmet [Koran], welche Religionen Jesus als Propheten verehren [Christentum, aber auch Islam]). Die Antworten wurden im Multiple-Choice-Format vorgegeben, abgestuft nach Urteilssicherheit (d.h. von 100 % sicher bis unsicher). Im Anschluss daran wurden die richtigen Antworten zusammen mit ausführlichen Erklärungen gezeigt. Schließlich wurden die Teilnehmenden gebeten, ihre aktuelle Einstellung gegenüber den drei Religionen erneut abzugeben.
Die Einstellung gegenüber dem Islam war zu Beginn erwartungsgemäß sehr viel negativer im Vergleich zu Judentum und Christentum, verbesserte sich aber deutlich nach der Präsentation der Lösungen. Hypothesenkonform wiesen die Teilnehmenden viele Wissenslücken in Bezug auf den Islam auf (60 % falsche Antworten). Prädiktoranalysen ergaben, dass diejenigen mit anfänglich sehr kritischer Haltung gegenüber dem Islam ihre Einstellung am stärksten korrigierten. Eine negative Haltung gegenüber dem Islam konnte statistisch durch die Anzahl falscher und v.a. islamkritischer Antworten sowie durch Alter und männliches Geschlecht vorhergesagt werden.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Vorurteile gegenüber dem Islam zumindest teilweise durch Wissenslücken hervorgerufen sind und dass eine metakognitive Interventionsstrategie helfen kann, verzerrte Ansichten über religiöse Überzeugungen zu korrigieren. Eine verbesserte Aufklärung über den Islam sowie die kritische Auseinandersetzung bezüglich des Missbrauchspotenzials von Religionen per se (inklusive der blutigen Geschichte des christlichen Europas) kann aus unserer Sicht helfen, Vorurteile gegenüber dem Islam und anderen Religionsgemeinschaften abzubauen. Auch kann die Betonung der gemeinsamen Wurzeln aller drei monotheistischen Religionen (Abraham/Ibrahim als Stammvater etc.) dabei helfen, Gräben zu überwinden. Weiterhin möchten wir eine Veränderung des Sprachgebrauchs anregen: Begriffe wie „Islamist“ oder „Islamismus“ suggerieren, dass der Terrorismus ein inhärenter Teil des islamischen Glaubens ist. Die großen christlichen Kirchen hätten sich zu Recht dagegen gewehrt, wenn die Terroristen der katholischen Irisch-Republikanischen Armee (IRA) als „Katholizisten“ oder die Terroristen des Ku-Klux-Klan, die in den USA bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts Jagd auf Schwarze, aber auch auf Juden und Katholiken machten, als „Protestantisten“ bezeichnet worden wären.
In einer Folgestudie (Moritz et al., 2018) konnten wir diesen Befund bestätigen und gleichzeitig Vorbehalte bei Menschen mit muslimischem Glauben gegenüber der westlichen Kultur und dem Christentum korrigieren.
Derzeit sind wir bemüht, Forschungsgelder zu sammeln, um die Stabilität der gemessenen Änderungen und die Nachhaltigkeit unseres metakognitiven Ansatzes zu untersuchen.
Hauptbeteiligte
- Prof. Dr. Steffen Moritz
- Dr. Michael Reininger
- cand. med. Kaser Ahmed
- M.Sc. Itimad Lasfar
- Dr. Isgard Ohls
Agorastos, A., Metscher, T., Huber, C. G., Jelinek, L., Vitzthum, F., Muhtz, C., . . . & Moritz, S. (2012). Religiosity, magical ideation, and paranormal beliefs in anxiety disorders and obsessive-compulsive disorder: a cross-sectional study. Journal of Nervous & Mental Disease, 200, 876-884.
Moritz, S., Göritz, A. S., Kühn, S., Schneider, B. C., Krieger, E., Röhlinger, J., & Zimmerer, S. (2017). Muslims love Jesus, too? Corrective information alters prejudices against Islam. Pastoral Psychology, 66, 65-77.
Moritz, S., Lasfar, I., Reininger, K. M., & Ohls, I. (2018). Fostering mutual understanding among Muslims and non-Muslims through counterstereotypical information: an educational versus metacognitive approach. The International Journal of Psychology of Religion, 2, 103-120.